Warum ist der Metallgehalt eher unwichtig?
Der Metallionen-Gehalt (z. B. Cu²⁺, Ni²⁺, Zn²⁺) ist zweifellos eine wichtige Stellgröße eines galvanischen Elektrolyten – aber er ist eben nur eine von vielen, und in der Praxis fast nie der limitierende Faktor für Schichtqualität, Wirtschaftlichkeit oder Prozessstabilität. Die wesentlichen Gründe:
Warum er nicht „das Wichtigste“ ist | Was stattdessen (mindestens) genauso zählt |
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1 . Begrenzter Einfluss jenseits eines Mindestwerts Schon bei moderaten Konzentrationen ist die Ionenversorgung an der Kathode gesättigt. Höhere Metallwerte bringen nur geringen Stromdichte-Zuwachs, erhöhen aber Dichte, Viskosität und Schlamm-Bildung. |
Stromdichte & Stromverteilung Über 90 % aller Schichtfehler (Burning, Flecken, Poren) hängen an lokaler Stromdichte – gesteuert durch Geometrie, Abstand, Rühren und Hilfsanoden, nicht durch den Metallgehalt. |
2 . Kristallstruktur wird von Additiven gesteuert Glanz, Korngröße, innere Spannungen und Duktilität resultieren aus ppm-Bereichen organischer Carrier, Brightener, Leveller … völlig unabhängig davon, ob 20 g L⁻¹ oder 30 g L⁻¹ Ni²⁺ im Bad sind. |
Additivchemie & Abbauprodukte Das Verhältnis von Carrier/Brightener verändert das Depot stärker als ±20 % Ni²⁺. Analytiklisten führen meist > 10 organische Parameter, aber nur einen Metallparameter. |
3 . Leitfähigkeit kommt eher von der Salzmatrix Die ohmschen Verluste werden überwiegend durch Sulfat-, Chlorid- oder Borfluorid-Ionen bestimmt. Ein Silberbad enthält nur 2–3 g L⁻¹ Ag⁺, erreicht aber dank 150 g L⁻¹ KCN hohe Leitfähigkeit. |
Leitfähigkeits-Ionen & pH pH regelt Wasserstoffabscheidung, Glanz und Spannungen; Puffersysteme (Borsäure, Citrat) stabilisieren Elektrolyt und Schicht. |
4 . Thermodynamik vs. Kinetik Der Metallgehalt ändert kaum ΔG; die Abscheide-Kinetik wird von Temperatur, Rührgeschwindigkeit und Komplexierung (EDTA, Tartrat …) dominiert. |
Temperatur & Hydrodynamik Eine Schwankung von ±5 K hat oft mehr Einfluss auf Schichtdicke-Verteilung als ±20 % beim Metall. |
5 . Badleben & Kostentreiber Bei Cu- und Ni-Bädern liegen die Metallionen-Kosten < 20 % der Gesamtkosten pro m² Schicht; Additiv-Nachdosierung, Energie, Reinigung, Abwasser & Analytik sind höher. |
Verunreinigungs-Management Spuren-Cu in Ni-Bädern oder Saccharinat-Abbau können ein Bad ruinieren, obwohl der Metallgehalt „ideal“ ist. |
6 . Metallgehalt definiert nicht die „Reichweite“ In erneuerbaren Elektrolyten ersetzt die Anodenauflösung das abgeschiedene Metall kontinuierlich. Die Reichweite eines Bades wird daher von Additiv-Abbau, Schmutzeintrag und Volumenverlust begrenzt – nicht vom Start-Metallgehalt. |
Anodenmaterial & Lösungsmechanik Anodenreinheit, Chloridgehalt (bei Cu-OP-Bädern) und korrektes Stromdichte-Fenster bestimmen, wie effizient sich Cu, Ni, Zn etc. nachlösen. Ein gut geführtes Bad hält seinen Metallwert über Monate konstant, während die organischen Additive regelmäßig ergänzt werden müssen. |
Fazit: Der Metallionen-Gehalt bildet nur das Fundament des galvanischen Prozesses. Für Schichtqualität, Stabilität und Wirtschaftlichkeit sind Stromdichte-Management, Additive, Hydrodynamik, Temperaturführung, Anodenauflösung und Verunreinigungen wesentlich ausschlaggebender.